1982
Nachdem die Band, die später unter dem Namen A-ha
bekannt werden wird, nun also am 14. September 1982
gegründet worden war, arbeiteten alle drei Mitglieder
eine Strategie aus, wie sie ihren musikalischen Aufstieg
erreichen könnten. Die Wichtigkeit eines guten Demo
Tapes erschien dabei ganz oben auf der Liste. Aber ein
Problem stand ihnen dabei im Weg: Für ein gutes Demo
Band braucht man ein gutes Aufnahmestudio, das nicht
gerade wenig Geld kostet. Dieses Geld war bei ihnen aber
nicht vorhanden, so dass sie sich anders behelfen
mussten.
Die Lösung war eine kleine Hütte von Påls Eltern
in den Wäldern nahe Drammen. Diese konnte mit Hilfe des
von allen möglichen Seiten zusammengetragenen
Musikequipments als Notstudio durchaus herhalten. So
komponierten die drei aufstrebenden Musiker munter darauf
los und entwickelten einen Musikstil, der sich dann doch
deutlich von der Bridges-Musik unterschied. War diese
Musik noch Rock orientiert, so waren die neu komponierten
Stücke purer Pop, allerdings mit ungewöhnlich
tiefgründigen Texten für eine so junge Band. In einem
dieser Texte von Pål war auch etwas von AHA zu lesen.
Die Band war gerade auf Namenssuche, als Morten diesen
Text vor die Augen bekam und dieses Wort als Bandnamen
vorschlug. Wie man noch heute sehen kann, wurde dieser
Vorschlag angenommen.
Für die anstehende London Reise brauchten A-ha dann
aber doch Geld, so dass Mags und Morten arbeiten gingen:
Mags als Aushilfs-Lehrer in Mortens alter Schule und
Morten als Krankenpfleger in einem Krankenhaus. Pål
lebte in der Zwischenzeit fast wie ein Einsiedler in der
Hütte seiner Eltern und konzentrierte sich auf seine
Musik und seine Bücher. Schließlich hatten die beiden
"Geldverdiener" genug davon beisammen, um die
Reise nach London zu finanzieren und die acht
vervollständigten Lieder der Demo-Bänder, unter denen
sich auch "Lesson One", der Urahn von
"Take On Me" befand, waren ebenfalls gut genug,
den Sprung nach London zu wagen.
1983
Als sie auch diesen Schritt vollzogen hatten, ging es
dann logischerweise darum, schnellstmöglichst einen
Plattenvertrag zu bekommen. Ihnen war klar, dass sie
keine Gelegenheit haben würden, den "Großen"
der Branche ihr Demo Tape vorspielen zu können, also
brauchten sie eine Empfehlung von einem Agenten, Manager
oder sonst jemandem. Da erinnerten sie sich an Lionheart
Publisher, eine kleine Plattenfirma, mit der sie schon zu
Bridges Zeiten Kontakt aufgenommen hatten. War Lionhead
damals aber weniger an den vier Musikern interressiert,
so hatten sie diesmal zu dritt mehr Glück: Sie wurden zu
einem Treffen gebeten.
Dieses war auch durchaus erfolgreich für A-ha, die
Demos kamen bei Lionheart gut an. Allerdings machte die
Firma klar, dass neue Demos nötig wären. Neue Demos
kosten aber Geld und davon hatte A-ha nun wirklich nicht
viel. Auch ihre zweizimmerwohnung in einem abbruchreifen
Gebäude, in der sie unter ekelhaften Bedingungen leben,
besser gesagt hausen mußten, hatte nicht genügend Geld
eingespart. Also blieb ihnen nichts anderes übrig, als
dieses erneut zu verdienen, was mal wieder so ablief,
dass Morten und Mags arbeiteten (in dem Norweger
Krankenhaus, in dem Morten schon für die erste A-ha
London Reise Geld verdient hatte) und Pål inzwischen
Kontakt mit Lionheart hielt und sich so auch eine erneute
Blamage zu Hause in Norwegen ersparte.
Anfang April 1983 kamen die beiden aus Norwegen
zurück nach London und verschafften sich erst einmal
einen Überblick über die billigsten Londoner Studios.
Sie entschieden sich letztendlich für die Rendezvous
Studios in Sydenham (angeblich wegen eines Space Invaders
Automaten). Allerdings planten die drei Optimisten nicht
so viel Zeit ein, das Studioequipment in den Griff zu
bekommen, wie es dann tatsächlich dauerte. Als ihre
reservierte Zeit vorbei war, hatten sie gerade mal zwei
Songs auf Band. Mehr Studio-Zeit würde aber mehr Geld
bedeuten (und das hatten sie schon wieder so gut wie
aufgebraucht), sie hätten ihr Apartment verlassen
müssen und kurz danach auch das Land.
Doch sie hatten Glück: John Ratcliff, der Manager
des Studios hatte die drei Fremden nicht zuletzt wegen
ihres ungewöhnlich höflichen Auftretens und tadellosen
Manieren (keine Beschwerden und und auch kein Handeln
über einen günstigeren Preis) ins Auge gefasst. Er
hörte sich das Demo Tape an und tatsächlich, ihm gefiel
der natürlichen Charm von "Dot The I". Als
Pål dann die Rechnung bezahlen wollte erwähnte
Ratcliff, dass er das Band einem Freund in der
Musikbranche vorspielen will, der die richtigen Leute
kennt. A-ha klammerten sich nun an diesen letzten
Strohhalm den sie hatten und bestärkten Ratcliff, dies
zu tun.
In der Zwischenzeit war nämlich auch der Kontakt zu
Lionheart deutlich abgekühlt. Als der Verlag die neuen
Demos hörte, war man offensichtlich wenig angetan davon,
so dass A-ha zu hören bekam, dass in den nächsten
Monaten nichts geschehen könnte. Aber einen Vertrag bot
man ihnen dennoch an - wenn auch einen sehr schlechten.
Sie hatten nur das Recht von diesem zurückzutreten, wenn
es Lionheart nicht gelingt innerhalb von neun Monaten
einen Plattenvertrag für A-ha zu beschaffen. Die kleine
Verlags Gesellschaft bot A-ha also Zeit, nicht aber Geld
an. Das war ihnen aber zu wenig, so dass sie einen Plan
austüfftelten, mit dessen Hilfe sie mehr aus diesem
Vertrag herausholen könnten: Sie sagten Lionheart, dass
sie das Band an John Ratcliff gegeben haben und dieser es
an Terry Slater weitergeleitet hat.
Dieser Plan ging allerdings gründlich daneben. Die
ehemals freundschaftsliche Atmosphäre war zerstört, sie
wurden sogar wüst beschimpft und hatten bei Lionheard
nun Feindesland vor sich. Sie hatten das Gefühl, dass
die Arbeit der letzten fünf Monate umsonst gewesen war
und hörten auch nichts von ihrer letzten Chance in
Person von Terry Slater, einer Legende des Musikbusiness,
der u.a. Queen und Kate Bush in den 70ern und Duran Duran
in den 80ern zu einem Plattenvertrag verhalf und in der
Branche höchstes Ansehen genoss. Doch A-ha hatten
Glück. Eine Woche später rief John bei ihnen an und
sagte lediglich: "Terry liebte es".
Die von Terry Slater ausgehende Begeisterung war für
John Ratcliff so etwas wie ein grünes Licht. Er steckte
nun all seine Energien in A-ha. Sie sollten so schnell
wie möglich neue Songs in seinem Studio aufnehmen. Das
Ergebnis, fünf bis sechs Songs, die die Entzückung und
gleichzeitige Erleichterung von A-has Rettung
wiederspielgeln, ließen beide (Slater und Ratcliff)
Luftsprünge vollführen. Hatten sie vorher nur über
eine Singleveröffentlichung nachgedacht, planten sie
jetzt ein komplettes Album mit ihnen. Terry sagte zu
A-ha, dass er sie an die Spitze führen will. Als ersten
Schritt gründete er zusammen mit John T&J
Management, um für A-ha einen Plattenvertrag zu
bekommen.
John Ratcliff dagegen steckte sein ganzes Geld in
A-ha, seine goldene Gans. Er bezahlte all ihre Rechnungen
und hoffte im Gegenzug auf goldene Eier. Er mußte auch
nicht lang warten: Im Juni 1983 traten A-ha das erste Mal
live im kleinen Rendevouz Studio auf. Im Publikum war
auch Peter Cornish von ATV. Er war von den eifrigen
Norwegern beeindruckt. Kurze Zeit später lag ein Vertrag
mit einem Vorschuss von 3.000 Pfund für A-ha auf den
Tisch. Dies passierte nur zwei Monate nachdem A-ha das
erste Mal in den Rendevouz Studios zum Aufnehmen ihres
Demo Tapes waren.
Aber Terry Slater ruhte sich nicht auf seinen
Lorbeeren aus. Er arrangierte einen Monat später ein
ähnliches Live Konzert von A-ha exklusiv für die
großen Plattenlabels wie RCA, EMI, Warner Bros., CBS und
Phonogram. Er wollte für seine Schützlinge das Optimale
herausholen. Von allen Gesellschaften waren Vertreter
gekommen, um sich die drei Norweger anzuhören. Einer
davon war auch Andy Wickham von Warner, der gerade
verzweifelt auf der Suche nach neuen Bands war, aber
außer großmäuligen und schlechtgelaunten
Rockern, die er nicht brauchen konnte, war ihm in den
letzten Monaten nichts untergekommen. Umso mehr war er
von den natürlichen, mit theatralischem Charm
auftretenden jungen Musikern angetan. Scheinbar ohne
Nervosität spielten sie ihm ihr gesamtes musikalischen
Spektrum vor. Die Folge war schließlich A-has
endgültiger Durchbruch, denn Wickham sagte wenige
Minuten nach dem Auftritt zu Terry Slater: "Terry,
du musst mir diese Kerle geben - du kannst jetzt eine
Million haben !".
Andy Wickham meinte dieses Angebot durchaus ernst,
aber dennoch änderte es das Leben der drei Musiker nicht
über Nacht. Noch ein halbes Jahr mit Geldproblemen
folgte, ehe das Geld auch wirklich in die Taschen der
drei "Millionäre" floss, wie man bald in der
norwegischen Presse lesen konnte. Die glaubten A-ha nicht
so ganz, da diese keine Songs für die Öffentlichkeit
hatten und auch keinen Plattenvertrag vorzeigen konnten.
Dann gab es allerdings auch noch das Problem, einen
"richtigen" Produzenten zu finden, dessen
Vision des Albums nicht mit der Vision von A-ha und auch
nicht mit der von Wickhams kollidiert. Dieser Produzent
wurde dann aber in der Person von Tony Mansfield gefunden
und verpflichtet.
1984
Mansfield war beigeistert bei der Arbeit und redete
auf A-ha wie ein Wasserfall ein. Sein Hauptinteresse an
einem Song war nicht die Melodie, sondern der Rhythmus.
Er sah seinen Namen schon in Leutbuchstaben auf den
Straßen New Yorks geschrieben, denn bei A-ha gab es
einen ganzen Komplex von "versteckten"
Rhythmen, die es hervorzuholen galt. Zu diesem Zweck
brachte Tony Mansfield auch einen modernen Sythesizer mit
dem Namen "Fairlight" mit. Damit konnte man
jeden nur erdenklichen Sound kreieren, entwieder auf
mathematischen Grundlagen oder mit Hilfe von Samples
(Live Aufnahmen, die dann an verschiedene Tonhöhen
angepasst werden können).
Dieses von Tony Mansfield heißgeliebte, aber schwer
zu bediende musikalische Monster ist auf "Hunting
High And Low" deutlich zu hören. Am Anfang spielte
es Mansfield deswegen noch selber, erst später konnte
auch Mags das in seinen Augen ebenfalls wichtige, viele
Möglichkeiten bietende Instrument bedienen. Er hatte es
spielerisch erforscht, ähnlich wie er es bei
Videospielen machte. Dennoch ging nicht nur positives von
"Fairlight" aus. Bei "The Blue Sky"
zerstörte es "dank" Mansfield durch einen
sterilen Resonanzboden fast schon Mortens Gesang. Auch
wenn die endgültige Version von diesem Missgeschick
wieder etwas reparierte, war doch offensichtlich, dass
A-ha und Tony Mansfield nicht die gleichen
Musikauffassungen teilten und bald ernsthafte Probleme
vor der Tür stehen würden.
Aber bis jetzt lief es zwischen A-ha und ihrem
Produzenten noch relativ glatt. Sie waren dankbar, dass
sie nun endlich nicht mehr von den fehlenden technischen
Möglichkeiten des Rendezvous Studios gestoppt werden
konnten und ließen sich anfänglich sogar von Mansfields
Computer- und Elektronik - Verrücktheiten anstecken.
Dieser sagte ihnen auch immer offen, wenn ihm etwas nicht
gefallen hat und probierte mit ihnen die
abenteuerlichsten Klänge und Rhythmen aus. Auch Mortens
Stimme war nicht sicher vor ihm, sie war kaum noch zu
hören und der Text hatte zum Rhythmus zu passen. Dies
schätzte Pål allerdings überhaupt nicht.
So fand Mansfield die Textpassage "Rain go away
/ My little girl wants to play" von "I Dream
Myself Alive" einfach nur lachhaft. Pål weigerte
sich aber einen neuen Text zu schreiben, so dass Mags
seinem Song mit dem Text "You can't deny / There's
something dark against the light / All I can say / It
doesn't have to be this way" retten musste und so
eine Weiterarbeit ermöglichte. Aber das Lied konnte
nicht mehr vor dem Ertrinken gerettet werden. War "I
Dream Myself Alive" in der Demo Version ein
unbekümmert, schwungvoller Rock Song von heftigem
Gitarrenspiel nach vorne getragen, so verkam er zu einem
faden, bedeutungslosen Pop-Song im schlechtesten Sinn.
Irgend etwas lief falsch, sogar schrecklich falsch
während der Produktion und A-ha hatten nicht die
Erfahrung, genau den Sound zu bekommen, den sie wollten.
Aber das war nicht das einzige Ärgerliche während
den Aufnahmen. Hinzu kam noch das Studio, welches sich im
Sommer in ein Treibhaus verwandelte und bei allen vieren
nicht nur reichlich Schweiß, sondern auch Allergien
hervorrief. Als dann der Druck immer größer wurde
verbrachten die vier bis zu 20 Stunden am Tag im
saunawarmen Studio. A-ha sahen alles andere aus als
zukünftige Teenie Idole: Laufende Nasen, rote Augen ...
. So fand man auch Mags zu Nachtzeiten in einem Gitarren
Fach schnarchend vor, und Morten konnte bei den
"Train Of Thought"-Aufnahmen ebenfalls nicht
mehr gegen die Müdigkeit ankämpfen.
Irgendwann war das Album dann aber doch
fertiggestellt und eine Single, als Startschuss ihrer
Karriere sozusagen, konnte veröffentlicht werden. Als
erste Single wurde im Oktober 1984 "Take On Me" auf den
Markt gebracht. Trotz der hervorragenden Vermarktbarkeit
A-has (wegen ihres jugendlichen, guten Aussehens) stellte
sich die Venylscheibe schlichtweg als Flop heraus. Aber
Terry Slater und John Ratcliff (A-ha Management) waren
nach wie vor von ihren Schützlingen überzeugt und
suchten die Schuld bei jemand anderem: Tony Mansfield.
1985
Dieser wurde durch Alan Tarney ersetzt, der auch
schon Cliff Richards Nummer 1 Hit "We Don't Talk Any
More" produziert hatte. Das Ergebnis war nun ein
wesentlich voller- oder kurz gesagt besser
klingendes"Take On Me".
Dieses konnte nun auch in Norwegen im April 1985 mit
einem zweiten Platz einen großen Erfolg verbuchen, aber
der Rest der Welt ignorierte den Song immer noch. Es ist
klar, dass jetzt erst einmal Frust angesagt war und die
Bandmitglieder sogar schon über eine Trennung
nachdachten. Als aber die Plattenfirma A-ha versichert,
dass sie höchste Priorität bei ihnen genießen und ein
Video (DAS Video!) gedreht werden soll, sammelt die Band
neue Kraft und wagt im September 1985 die dritte
Veröffentlichung von "Take
On Me". Diese wird ein riesiger Erfolg (u.a.
fünf Wochen lang Platz eins in Deutschland) und macht
aus A-ha Weltstars.
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