Immer schön auf der bombastischen Straße bleiben
(Stuttgarter Zeitung vom 18.09.2002)

Die norwegische Popgruppe A-ha kommt heute Abend mit einem brandneuen Album in die Schleyerhalle

Das Schönste am ominösen Achtzigerjahre-Revival ist das Nichtkalkulierbare daran, wer nach all den Jahren, notfalls mit forcierter Hilfe des Formatradios, noch mal die Gnade des späten Gehörs beim Publikum findet. ABC, Heaven 17, Culture Club, Human League, Hall & Oates, Camouflage, Sigue Sigue Sputnik - da ging verkaufstechnisch wenig, Ikonen wie Kim Wilde oder Grace Jones sind gar nicht mehr aus der Versenkung aufgetaucht, bei Soft Cell, Alison Moyet und den Fehlfarben wollen wir lieber noch abwarten.

New Order und Depeche Mode waren nie weg vom Fenster und Roxy Music läuteten durch Spielwitz und clevere Repertoireauswahl gleich zum Siebzigerjahre-Revival. Bleiben also nur die drei Norweger von A-ha, denen nach sieben Jahren Pause 2001 ein lupenreines Comeback gelang. "Minor Earth Major Sky" und die Single "Summer moved on" schienen im bekannten melancholisch- hymnischen A-ha-Sound mit der Falsettstimme von Morton Harket bei ihren Fans eine hormonelle Zeitreise ausgelöst zu haben, jedenfalls verkauften sich Album und Single wie geschnitten Brot.

Die näheren Gründe hierfür scheinen eines der ungelösten Rätsel der Popkultur. Klar, die Melodien von A-ha sind auf unverschämte Weise gefällig und bewegen sich gern in gepflegtem Midtempo. Die gewöhnlich bombastische Produktion ist so sorgfältig gearbeitet, dass auch bei wiederholtem Hören noch interessante Details zu entdecken sind, die Texte kokettieren mit einer leicht philosophischen Tiefe, die jede Lebenslage trifft. Der knuddelige Lausbubencharme des Frontmannes Morton sorgt für eine Prise Sex, Magne Furuholmen und Pal Waaktaar besorgen das musikalische Handwerk.

Dabei sind A-ha alles andere als eine Retortenband. Jeder der Musiker frönt Seitenprojekten, die letzte Tour hat die Live-Qualitäten des Trios eindrucksvoll unterstrichen. So dokumentiert der aktuelle Erfolg zuvörderst den Spaß an der Musik, weshalb die Band auch nicht von einem Revival sprechen mag.

Entspannt, professionell und sehr charmant absolvierten A-ha die Pressekonferenz zum Tourstart. Dass das aktuelle Album "Lifelines" von der Kritik weniger liebevoll behandelt wurde als das Comeback, beeindruckt A-ha nicht. Schließlich haben sie erlebt, dass ihre frühen Platten mit der Zeit bei den Kritikern immer beliebter wurden. Beliebter jedenfalls als bei ihrem Erscheinen. Die ersten Jahre von A-ha, so Furuholmen, seien zu stark von Teenie-Hysterie geprägt gewesen. "Heute ist alles entspannter, wir können uns mehr auf unsere Musik konzentrieren. Wir werden heute eher respektiert als angehimmelt. Es ist ein gutes Gefühl, nach all den Jahren zurückzukommen und zu erleben, dass man mehr zu Stande gebracht hat als feuchte Teenager-T-Shirts."

Für das Konzert, das um 20 Uhr beginnt, gibt es bis 15 Uhr noch Karten an den bekannten Vorverkaufsstellen. Dann an der Abendkasse.

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