Schwermütig (Süddeutsche Zeitung vom 28.11.2000)

Wer im Block S 3, Reihe 20 auf den Anfangsplätzen sitzt, der hat schlechte Karten. Egal, wer spielt. Am Sonntagabend waren es die Norweger A-ha. Dort sieht man kein Bühnenbild, der Sound rauscht außer brummeligem Schlagzeug, verzerrtem E-Piano und Gesangsfetzen glatt an einem vorbei. Drüber, auf der Galerie, sieht man die klassisch und sachlich gehaltene Bühne mit Einheitswürfeln, auf denen sich abstrakte Muster spiegeln. Auch das meist blaue Nordlicht verbreitet kühle Schwermut.

In den achtziger Jahren war das Trio die Teenie-Band, die mit 16 Hitsingles und sechs Erfolgsalben alles abräumte. In den Neunzigern fehlte es an zündenden Songideen, "dieses Jahrzehnt haben wir praktisch übersprungen", so der Sänger und Mädchenschwarm Morten Harket. Doch dieses Jahr eroberten die Norweger mit ihrem Album "Minor Earth Major Sky" erneut die Charts. Die Olympiahalle ist ausverkauft, ein treueres und aufmerksameres Publikum kann sich keine Band wünschen. Wie also schafft man als Jugendidol den Sprung ins Erwachsenenlager?

Erstaunlich wagemutig das Konzept der Band, in den ersten 45 Minuten fast ausschließlich neues Material, in jedem Fall aber traurige Lieder zu spielen, bei denen sie sich vor allem auf die Stimmgewalt ihres Sängers und die Pianobegleitung verließen. Schon der elegisch-konzertante Auftakt mit dem Titelstück der LP brachte die Olympiahalle in eine weihnachtliche Stimmung. Obwohl der Himmel tief hing, funktionierte das, trotz der langsamen, konzertanten Balladen, dem elegischen Gesang und mehrstimmigen Folk-Chorus. Wer Showtime erwartete, wurde enttäuscht, denn die Jungs wirkten auf der Bühne auf sympathische Weise fast unbeholfen.

Mit funky Rhythmen eröffneten sie schließlich das Oldie-Programm, auf das alle so sehnsüchtig warteten, donnerten "The Living Daylights" in die Arena, zettelten mit "Hunting High And Low" einen feinen Chor mit dem Publikum an. Auch die Zugaben "Crying in The Rain" und der Megahit "Take Me On" wurden zur Gefühls- und Herzenssache eines schön verheulten Abends für Händchenhalter.