Der Griff in die Hitkiste
(Süddeutsche Zeitung vom 19.09.2002)
"A-ha" träumen in der
Olympiahalle von besseren Zeiten
Neue Bescheidenheit allerorten.
Die leeren Ränge um die Bühne in der Olympiahalle sind nicht wie früher
gnädig hinter Vorhängen kaschiert, die Lichtanlage ist
durchschnittlich, der Sound streckenweise inakzeptabel, nur die Preise
bis 46,80 Euro sind deftig. Nach ihrem bravourösen Comeback vor zwei
Jahren litt die norwegische Band A-ha in München zudem an
Publikumsschwund. Die Fans der Teenie-Helden aus den 80ern sind zwar
erstaunlich anhänglich und sangesfreudig, aber einen Großteil von
ihnen hat wohl die zögerliche Suche nach neuen Wegen auf dem neuen
Album "Lifelines" nicht sonderlich überzeugt.
Text zum Bild: Aha: Morten Harket
Die detailverliebten,
verhaltenen Balladen kamen viel zu leise und zu wenig griffig, um in
großen Stadien zu bestehen. Beim 80er-Techno-Pop-Song "Did
Anyone Approach You?" klappte es dank Morten Harkets Sprechgesang
hervorragend, aber sobald er zum Falsett ansetzte, war es um den Hörgenuss
geschehen. Zudem wirkte die Band immer ein bisschen hölzern und
statisch. Da half nur der bewährte Trick, in die Hitkiste zu greifen
- bei A-ha ein gut gefülltes Reservoir mit bombastischen
Synthi-Streichern und allem Brimborium, das perfekten Mainstream-Pop
ausmacht.
Beim Evergreen "Take On Me",
dem Bond-Klassiker "The Living Daylights" oder "Hunting
High And Low" tauten die braven Nordmänner dann doch noch
richtig auf. Dem Bond-Duell mit hingebungsvoll singendem Publikum
verpassten sie eine witzige Pointe: Plötzlich war's ein Reggae, ein
Tanz. Das war auch nötig. Denn abgesehen von etlichen
Grunge- und Funkeinsprengseln hätte man sich die A-ha-Träumereien
einfach unters Kopfkissen stecken können. Und wäre entspannt
weggenickt über der Überdosis an norwegischer Melancholie an einem
Septemberabend.
Dank an Kristina
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