Bubis mit Falten (Sonntagsblick vom 29.09.2002)
A-ha! Schon 21 Jahre halten die Pop-Norweger Frauenherzen auf
Trab. Doch das Trio interessiert sich heute mehr für die Familien als
für die Groupies. Und Keyboarder Magne kann selbst beim Interview das
Zeichnen nicht lassen.
Da sitzen die Norweger im Züricher Nobelhotel Dolder, und man würde
sie nicht für Millionäre halten, wie sie mit ihren Bubigesichtern
daherschlurfen. Doch sie haben Falten im Gesicht, und für A-ha spricht anderes: 25 Millionen verkaufte Platten, 15 weltweite
Nummer-eins-Hits bei nur fünf aufgenommenen Alben, 1987 der
James-Bond-Hit "The Living Daylights", 200.000 Fans am
"Rock-in-Rio"-Konzert (1990). In Norwegen öffneten sie als
Pop-Pioniere einer Vielzahl von tollen Bands die Fjorde: Madrugada, Röyskopp,
Mari Boine, Nils Petter Molvaer. A-ha sind die erfolgreichsten
skandinavischen Popstars nach den schwedischen Roxette.
Doch mit denen wollen sie nichts zu tun haben. "Okay, wir
haben anfangs auch unsere Seelen ans Geschäft verkauft - aber die
Zeiten sind vorbei", sagt Magne Furuholmen. Seit dem
durchschlagenden Erfolg von "Take On Me" standen sie auf den
Covers von Teenie-Magazinen weltweit. "Wir machten ja alles mit:
Ich stand auf die Doors und die Beatles und markierte den netten
Jungen einer Boyband", erinnert sich Magne ungern. Gel im Haar,
fetztige Glimmerklamotten, breites Lächeln im Bubigescith. A-ha -
auweia!
Heute macht das Trio auf cool, Sänger Morten Harket gar auf sehr
unnahbar. Der Fotograf darf nicht nur keine Bilder schießen, sondern
soll bitteschön auch aufhören, seine Sachen zusammenzupacken.
"Ich kann mich nicht konzentrieren", klagt der schöne Sänger.
Denn schließlich hat er Gewichtiges zu erzählen: Wie das norwegische
Fernsehen die Band 1998 für die Verleihung des Nobelpreises wieder
zusammentrommelte. Da konnten sie sieben Jahre nach Auflösung nicht
Nein sagen, Morten spricht gar von "emotionaler Bestechung".
Doch es hat sich gelohnt, definitiv. Sie hatten die wunderschöne
Ballade "Summer Moved On" geschrieben, und das letzte Album
"Minor Earth Major Sky" wurde ein Riesencomeback - auf
Tournee hatten sie noch nie so viel Erfolg. Doch jener Sommer ist
vorbei, A-has letzter Hit klingt noch nach. Jetzt haben sie ein
weiteres Album im Gepäck, und "Lifelines" (Warner) hat gar
noch eingängigere Melodien als der Vorgänger.
Lifelines - Lebenslinien. Wie sehen die bei A-ha aus? Morten hat
drei Kinder, lebt in Oslo, ist aber schon lange geschieden. "Ich
hatte ein paar Freundschaften, lebe jetzt patchworkartig mit meiner
Partnerin zusammen". Treuer ist da schon Magne, der seit 22
Jahren mit seiner Frau zusammen ist und zwei Kinder hat. "Ins
Studio zu gehen mit der Band, war einst das Größte. Aber heute zählt
für mich das andere mehr". Klar, die Gruppe hat alles erreicht.
Magne schrieb zudem Filmmusik, ging beim Malen auf. Auch jetzt, er
kritzelt linkshändig Köpfe auf ein Blatt - obwohl der Arm in der
Schlinge ist. "Snowboard-Unfall!" meint er knapp. Ihm ists
eigentlich recht, dass er nicht so im Vordergrund steht. "Morten
hat da früher stark drunter gelitten, als Sänger immer im Fokus zu
sein", sagt Magne. Und heute? Morten kryptisch: "Der Mensch
ist ein Gewohnheitstier!"
Dank an Monika
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