Hohe Noten für die Kür:
A-ha in der Kölnarena
(Kölner Stadt-Anzeiger vom 24.09.2002)
Die Norweger demonstrierten, dass sie eine
ernst zu nehmende Band sind.
Irgendwie erinnert dieser Auftritt entfernt an eine Eiskunstlauf-Kür.
So wie die Zuschauer dort gebannt warten, ob die Sportler ihre
artistischen Drei- und Vierfachsprünge sicher stehen, so gespannt
sind die 8000 Fans in der nicht ausverkauften Kölnarena (der Oberrang
blieb unbesetzt), wenn A-Ha-Sänger Morten Harket (43) die ganz höhen
Töne ansteuert. Diese Spannung entlädt sich immer wieder in
spontanem Szenenapplaus, und wenn die Zuschauer Preisrichter wären,
dann müssten sie nach dem Kölner Auftritt des norwegischen Trios
Tafeln knapp unterhalb der Höchstwertung (6,0) zücken. Selbst die Stücke
mit höchstem vokalen Schwierigkeitsgrad ("Stay on these Roads" und
der erste große Hit "Take on Me") schafft Harket, neuerdings mit der
Andeutung einer Mephisto-Frisur, souverän und ausdrucksstark.
Als er nach "Hunting High and Low" für zwei Songs die Bühne verlässt,
sackt der Auftritt sogleich ab. Die Band-Kollegen Pal Waaktaar und
Magne Furuholmen vertreten Harket am Mikrofon nicht einmal schlecht,
versprühen dabei allerdings das Charisma einer Knäckebrot-Scheibe.
Text zum Bild: Unterwegs zu den hohen Tönen:
A-ha-Sänger Morten Harket.
Knapp 120 Minuten spielen sich A-Ha in der Kölnarena, verstärkt
mit vier Gastmusikern, durch ihr Zwei-Phasen-Repertoire, und es klingt
erstaunlich homogen, wie die Band Hits vom 17 Jahre alten Debütalbum
("The Sun Always Shines on TV") nahtlos an eine Single aus dem
Comeback-Jahr 2000 (zum Herbstanfang das wundervolle "Summer Moved On")
anschließt. A-Ha haben allerdings selbst in ihren Boygroup-Zeiten nie
so schlechte Musik gemacht, wie viele Kritiker dies aus dogmatischen
Erwägungen - kreischende Teenie-Mädchen, tief fliegende Stofftiere,
also katastrophale Band - behauptet haben.
Im Laufe der Jahre sind die Musiker, die ihr altes Image heute als
"unglaublichen Albtraum" bezeichnen, sogar deutlich besser geworden:
Die Synthesizer-Girlanden Furuholmens - aus der Tiefe der 80er-Jahre -
dominieren den Gruppensound nicht mehr so stark, gelegentlich greift
der Keyboarder auch zur Gitarre und spielt am Bühnenrand mit Pal
Waaktaar um die Wette. Das bringt den Zuhörern zwar nicht die nächste
Rock'-n'-Roll-Offenbarung, setzt aber ein aus Sicht der einstigen
Teenie-Idole wichtiges Zeichen: Hallo, wir sind eine Rockband, wir
spielen eigenhändig. Besonders gut gelang das den Norwegern mit ihrem
James-Bond-Beitrag "The Living Daylights", der sich plötzlich als
Reggae-Version in der Hängematte wiederfand.
Abgerundet wurde der Abend von einer viel versprechenden
Vorgruppe: Saybia, ein Quintett aus Kopenhagen, dessen Frontmann Sören
Huss wahrscheinlich das A-Ha-Gesamtwerk und zahlreiche U2-Platten in
seiner Sammlung hat. Beide Einflüsse waren jedenfalls in den
melodramatischen Songs vom Saybia-Debütalbum "The Second you Sleep"
kaum zu überhören.
Dank an Thomas
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