Klassisches A-ha Erlebnis
(Gränzbote / Schwäbische Zeitung 02.12.2000)

"Als wir das letzte Mal hier waren, haben wir gesagt, wir kommen wieder - ich hätte aber nicht gedacht, dass es zehn Jahre dauern würde"! Ob sich Morten Harket wirklich so gut an seinen letzten Auftritt in der Stuttgarter Schleyerhalle erinnern kann, sei mal dahingestellt. Viel anders als am Donnerstag kann es im März 1991 aber auch nicht zugegangen sein: Eine ausverkaufte Halle, haufenweise Hits und jede Menge vorwiegend junger weiblicher Fans, die jede Textzeile mitsingen können.

Von unserem Mitarbeiter Stefan Rother:

Kein schlechtes Comeback für eine Achtziger-Jahre-Band, für die die Neunziger nach eigenen
Angaben "ein verlorenes Jahrzehnt" gewesen sind. Gut, da gab es noch eine Platte 1993, aber als die Kritiker begannen, sich plötzlich lobend über das norwegische Trio zu äußern, war allen Beteiligten klar: Die Tage als Teenieband, die selbst in Brasilien 200.000 Zuschauer in ein Fußballstadion locken kann, sind endgültig vorbei. Und für eine erwachsene Ausgabe von A-ha war die Zeit wohl noch nicht reif. Dafür musste erst das Jahr 2000 kommen, als die Skandinavier im Frühjahr mit ihrem Comeback-Album "Minor Earth Major Sky" aus dem Stand an die Spitze der deutschen Charts schossen. Gut so, denn dadurch verkam das Stuttgarter Konzert nicht zur reinen Nostalgieshow. Selbstbewusst startete das um eine Begleitband verstärkte Trio mit einem Satz neuer Songs. Und die klangen wesentlich  druckvoller als die bisweilen arg süßlichen Studioversionen. Während so manche wiederauferstandene Band einen Großteil der Konzertdauer damit verbringt, das Warten auf "den großen Hit" hinauszuzögern, starten A-ha zudem aus einer weitaus komfortableren Position: Immerhin können die Norweger stolze 16 Hitsingles lässig ins aktuelle Programm einstreuen.

Die rufen beim älteren Teil des Publikums natürlich reichlich Erinnerungen an Tanzkurs-Schnüffelabende, Bravo-Starschnitte und die legendäre Musiksendung "Formel eins" in den dritten Programmen zurück. Da gab es nämlich mangels Viva und Co das legendäre Zeichentrick-Video zum ersten und größten Hit "Take on me" zu sehen, ein Meilenstein im Clip-versessenen Jahrzent der 80er. Und da Sänger Morten Harket auch in real äußerst angenehm zu betrachten war, wurde die Formation schnell in die Schublade der nicht zu ernst nehmenden Jungmädchen-Band gesteckt. Eine Modeerscheinung eben, nach der in ein paar Jahren kein Teenager mehr kräht.

Mit einem Schuss Schwermut

Ein Fehler, wie das Stuttgarter Konzert bewies. Denn nicht nur Frontmann Morten, Keyboarder Magne Furuholmen und Gitarrist Pal Waaktaar haben sich äußerst gut gehalten - auch die alten Hits wirken überraschend frisch. Keyboard-dominierter Pop mit einem Hauch skandinavischer Schwermut scheint auch anno 2000 noch gefragt zu sein, zumal sich Mortens Stimme nach wie vor in beachtliche Höhen schrauben kann. Der erfolgreiche Spagat der Band spiegelt sich selbst im Bühnendesign wider: Ein guter Schuss 80er-Jahre Ästhetik trifft da auf zeitgemäße Computer-Animationen. Zwar haben die Norweger damals auch jede Menge zeitbedingten Blödsinn wie kunstvoll zerrissene Jeans und heute antiquierte Produktions-Spielereien mitgemacht. Im Gegensatz zu vielen aktuellen Bands steckte hinter der modischen Hülle aber auch immer ein eigener Stil. Und der sorgt selbst nach fast einem Jahrzehnt Funkstille wieder für ein klassisches A-ha-Erlebnis.

Vielen Dank an Lindy für die Zusendung des Artikels

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