"A-ha"-Konzert
in Stuttgart
(Gränzbote vom 18.09.2002)
Morten und die Mädchen der Achtziger
Stuttgart - A-ha touren wieder und verkaufen Pop ohne
Peinlichkeit, mehr aber nicht. Am Mittwochabend standen sie in der
Schleyerhalle auf der Bühne. Einer Ohnmacht erlagen nicht nur
weibliche Fans.
Damals trugen die "Girls", wie sie bravodeutsch hießen,
Lederbänder ums Handgelenk und standen auf Morten Harkets Zahnlücke.
Seine Stirnbänder waren umstritten und auch die Socken über den
Jeans, da mochte man es ihm nicht immer gleichtun. Heute sind die
Mädchen älter geworden, die Zahnspangen wichen dem markanten
Brillengestell. Und der pubertären Euphorie folgte die abgeklärte
Vernunft. Man fand sich irgendwann damit ab, dass Morten keine Briefe
beantwortet.
A-ha, ein Meilenstein der eigenen Jugend, sind wieder da, aber
Morten singt jetzt für andere Teenies. Für die Mädchen der
Achtziger, die sich nicht mehr so ohne weiteres zu mausgrauer
Dauerwelle und Dirty Dancing bekennen können, ist der Zug abgefahren.
Erstaunlich, dass diese grundlegenden Umwälzungen dem smarten
Norweger nichts anhaben konnten. Knabengleich steht er auf der Bühne
in Muskelshirt und Pomadenhaar und schmettert "Don’t wanna cry
again", so als ob er das Patentrezept gegen Beziehungskrisen
endlich gefunden hätte.
Ein bisschen was altes, ein bisschen neuer Kram, aber prägen werden diesen Abend getragene
Balladen und das stimmliche Auf und Ab von Morten Harket Superstar.
Das bereitet ihm während der ersten Stücke sichtliche Probleme. Die
Instrumente sind zu laut, Harket greift immer wieder an das Mikro in
seinem Ohr - die Stimme klingt dünn, die Virtuosität mit der er
sonst spielend von samtig-getragen zu ausdrucksstark wechselt, pendelt
sich erst nach einiger Zeit ein.
Dafür Zuckerpop im Hochkonzentrat, ein bisschen steril vielleicht,
und das fällt auch nur auf, weil die Achtziger lang vorbei sind und
Blue-Jeans mittlerweile gegen schwarze Lederhosen eingetauscht wurden.
Manchmal wollen A-ha wie U2 oder Oasis klingen und es mal richtig
krachen lassen. Dann verbannen Keyboarder Mags Furuholmen und
Gitarrist Pal Waaktaar-Savoy Sänger Morten Harket von der Bühne und
ergeben sich dem ungehobelten Gitarrenrausch, ungesüsst. Dann wird
klar: Die Knaben möchten - musikalisch wenigstens - Männer sein
und das glauben ihnen mittlerweile sogar die gealterten Mädchen der
Achtziger.
Dank an Lindy
|