Wetterbericht (Der Tagesspiegel vom 28.11.2000)

Hoch wie ein Drachen, so hoch klettert Morten Harket die Stimmleiter empor. Seine klare, helle Stimme schwingt für Sekunden frei im Raum, ein kraftvolles Streicher-Sample setzt das dramatische Sahnehäubchen darauf und ein Bass wie ein Traktor knattert darunter. A-ha melden sich mit "Minor Earth, Major Sky" nach vielen Jahren Live-Abstinenz zurück. Ein ausverkauftes Velodrom ist dafür unglaublich dankbar. Das norwegische Trio steht zwergengleich vor einer minimalistischen Kulisse aus vier Meter hohen Lichtsäulen. Sie sind sichtlich überrascht. "Ich frage mich, warum wir so lange weg waren", sagt Sänger Harket, mittlerweile um die Vierzig und immer noch stolzer Lederhosen-Träger. Wie in den Achtzigern. Dorthin reisen wir mit dem vierten Lied: "I've Been Losing You". Pärchen sehen sich begeistert an: Weisst Du noch? Aus den Boxen perlt Nostalgie. Erinnerungen an Schul-Discos werden wach. A-ha variieren geschickt: aus "Stay On These Roads" wird eine Akustik-Ballade, aus "Cry Wolf" ein Gitarren-Brett. Intro und Outro zieht die Band in die Länge, Tempi-Wechsel innerhalb der Songs sind an der Tagesordnung. A-ha experimentieren mit dem Aufbau der Songs, den Texten und trotzdem bleiben sie Pop. Vor allem mit dem Wetter beschäftigt sich das Trio eingehend. Kälte hat eine Stimme, Regentropfen schlittern Scheiben herunter und Lichter flattern lebendig. Synthie-Schleifen, die ins Rückenmark gehen. Die Sonne scheint immer im Fernsehen, heißt es in einem Lied. Furios endet das Konzert. Keyboarder Magne Furuholmen nennt es des komplizierten Tonlagen-Gehangels wegen die "Vokal-Olympiade": "Summer Moved On" und "Take On Me". Eine kleine Pop-Geschichte zum Nachhören und Seligklatschen.

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