Hymnisch abheben ins Pop-All
(Abendzeitung vom 19.09.2002)

Die Olympiahalle als Altar-Raum: A-ha beim Konzert in München

Zugegeben, Morten Harket singt, als wolle er seiner Schwiegermutter ein Geburtstags-Ständchen bringen. Aber das hat was: diese hohe, schmeichelnde Kopfstimme, dazu der muskulöse Oberkörper, der leicht unbeholfen pendelt. A-ha stehen auf der Buhne der Münchner Olympiahalle. Vorbei die Zeit, als man sie in ihre Heimat Norwegen zurückwünschte.

Saybia, hoffnungsvolle dänische Band in der Coldplay-Travis-Nachfolge, stimmen mit fließendem akustischen Gitarrenpop auf die vor zwei Jahren mit ihrem Album "Minor Earth Major Sky" wieder zur Expedition ins Pop-All Aufgebrochenen ein.

Text zum Bild: Die Pose des gereiften Band-Boys: Morten Harket von A-ha beim bejubelten Auftritt in der Münchener Olympiahalle.

Die sind mutig und stimmen mit "Forever Not Yours", einem Song ihres neuen Albums, in ihr Set ein, "Lifelines" heißt das Werk, auf dem sie sich fernab der synthetischen Soße in leise Pop-Welten trauen, Die Keyboards aber tönen auf diesem Song wie Glockenschläge. Immer noch singen A-ha an den Rändern der Dunkelheit entlang, balancieren auf dünnem Grat über zerbrechende Liebe und Tod. Ins schwarze Loch aber fallen sie nicht, dazu hängen ihre Melodien zu fest an neon-gelben Pop-Ballons

"Take On Me" - natürlich kehren A-ha am Ende des Konzerts auch dahin zurück. Drehen einige Ehrenrunden durch die Zeit. als sie als Duran-Duran-Epigonen mit überstarkem Boy-Band-Image die Charts aufrollten. "Ich weiß, es ist sehr emotional", sagt Harket Das hält A-ha aber nicht davon ab, "Hunting High And Low" mit sakraler Inbrunst zu inszenieren. Die Halle wird zum Lichtdom, die Bühne zum Altar-Raum, die Gläubigen singen im Stadionchor. "The Living Daylight": Minutenlang dreht sich der Refrain des einstigen James Bond Titelsongs von 1987 wie eine zu Tode geliebte Platte mit Sprung.

Das neue Material hat ihn nicht mehr, diesen hymnisch sicheren Griff, es sind feiner genähte Kirchenlieder für eine neue Generation. Einen Wertewandel haben A-ha jedoch nicht vollzogen. Wenn Harket singt: "Ich will an deiner Seite schlafen" kann man sich dieses Beilager immer noch nur als keusche Liebe vorstellen. Ob das tatsächlich so ist oder nicht, die Schwiegermutter ist beruhigt. Den feinen Zynismus, wenn A-ha die Sonne nur im Fernsehen scheinen lassen, muss man nicht mithören.

Dank an Kristina

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